Schöne Orte warten auch gerne vor der eigenen Haustüre auf einen. Man muss einfach nur hin. 🙂 Meine Überraschung ist das traumhaft-idyllische Buchenbachtal bei Affalterbach, dem Tal der steinernen Brücken.
Vorab: Im Gegensatz zu meinen anderen Wanderung ist die Tour durch das Buchenbachtal keine Rundwanderung. Du hast also keine klassische Möglichkeit zur Abkürzung, es sei denn, du drehst in der Mitte um.
- Länge: ca. 9 km
- Dauer: ca. 2 bis 3 Stunden
- Einkehr: nicht wirklich, nein
- Abkürzung: an der Mühle von Wolfsölden umdrehen und denselben Weg wieder zurück
- Parken: Wanderparkplatz Steinächle
Rein ins Tal
Herr der Ringe lässt grüßen: Die Superstars im Buchenbachtal sind vier steinerne Bogenbrücken, die für echtes Mittelalter-Feeling sorgen. So alt sind die Brücken allerdings gar nicht. Sie dienen einst den Fuhrwerken der Bauern, die darüber ihre abgeschiedenen, sogenannten Mäanderbögen erreichen.
Die Steinbrücken gelten als kleine Meister- und Kunstwerke. Sie müssen damals so aufgebaut werden, dass sie auch starkem Hochwasser trotzen. „Brücke B“ wird Anfang der 80er mit einer zusätzlichen Betondecke verstärkt, um schweren Traktoren die Überfahrt zu ermöglichen.
Idylle pur
Seit Ende der 80er ist das 120 Hektar große Buchenbachtal als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Das heißt, dass vor allem die Wiesen für seltene Tier- und Pflanzenarten bewahrt werden. Der „wilde Charakter“ gefällt mir. Eine Nutzung als Naherholungsgebiet für Freizeitaktivitäten ist nicht erlaubt, höchstens Hunde springen hier durchs hohe Gras. 🙂
Am Buchenbach entlang
Während du den gut begehbaren Weg wanderst – oder sagen wir besser spazierst -, begleitet dich das leichte Plätschern des Buchenbachs. Auch wenn er im ersten Moment nicht so aussieht: Der Bach zieht seine Bahnen durchs Ländle über eine Länge von 25 km – von Berglen bis Burgstall.
Ab der Wolfsöldener Mühle bis zum Wendepunkt deiner Tour gibt’s den für mich schönsten Part der Strecke. Libellen und Schmetterlinge flattern um dich herum, während sich Bachforellen easy treiben lassen. Im Sommer suchst du ab und zu vergeblich nach Schatten, dafür bietet der Bach an vielen Stellen Abkühlung. 🙂
Brücke am Buchenbach
Über das Buchenbachtal verläuft eine Eisenbahnbrücke, die du so in der Form nicht mehr vorfindest. 2020 wird das 100 Jahre alte Schwergewicht im Stile einer TV-tauglichen Aktion ausgetauscht. Ein mehr als 100 Tonnen schwerer Raupenkran, der drittgrößte Krantyp der Welt, hievt die alte Brücke weg und die neue hin.
Pause an der Murr
Scheitelpunkt deiner Wanderung durchs Buchenbachtal ist die Marbacher (Land-)Straße bzw. die Murr. Hier am Fluss sehe ich den schönsten und idyllischsten Ruheplatz während der Tour. Nimm ein paar Minuten auf dem roten Bänkchen Platz und genieße am Ufer den gemütlichen Flow der Murr.
Anfahrt und Parken
Parkplätze gibt es nicht sooo viele. Ich empfehle, deine Wanderung in Steinächle zu starten, einmal unter der Brücke durch bis ans Murr-Ufer zu laufen und denselben Weg zurück zu nehmen. Für den lockeren Spaziergang kannst du rund zwei bis drei Stunden einplanen, inklusive Pausen.
Bewertung Buchenbachtal bei Affalterbach
Das Buchenbachtal zwischen Affalterbach, Burgstetten und Kirchberg an der Murr ist eine echte Überraschung quasi vor meiner Haustür. Das Naturschutzgebiet zeigt eine Idylle, die es so kein zweites Mal im Ludwigsburger Landkreis gibt. Schade finde ich etwas, dass du keine klassische Runde wandern kannst, sondern „nur“ ein Hin- und Her-Spaziergang möglich ist. Tut der Schönheit dieser Gegend und dem mittelalterlichen Charme der steinernen Brücken aber keinen Abbruch. 🙂
Dein Deutschland Reiseblog #1 Tipp: Rund 15 Minuten vom Buchenbachtal entfernt befindet sich Ruine Blankenstein bei Steinheim an der Murr. Dort erlebst du eine tolle Aussicht und diesen idyllischen Weiher.
Abriss der Buchenbachtal-Brücke in den Medien
Mitte 2018 wurde die alte Eisenbahnbrücke zwischen Burgstor und Affalterbach im Buchenbachtal abgerissen. Die 65 Tonnen schwere Brücke ist seit über 100 Jahren im Einsatz und wurde zahlreichen Reparaturen unterzogen. Seitdem ist eine provisorische Ersatzbrücke im Einsatz. Doch nun gehört das Provisorium der Vergangenheit an und wurde am Montag abgerissen. Der Neubau wichtiger Bahnverbindungen unterbrach die Arbeiten nicht.
Bereits zuvor wurde eine riesige Baustelle angelegt. Dort stand für einige Zeit ein Raupenkran, der Maschinen für weitere To-dos vor Ort abstellt. Ein riesiges Bohrgerät wiegt zum Beispiel nur 75 Tonnen. Mit dem eingesetzten Raupenkran kein Problem, der kann mehr als tausend Tonnen heben. Dies ist nötig, weil die Bahntrasse das Naturgebiet durchschneidet und der Bereich um die Brücke schwer zugänglich ist. Daher müssen Raupenkrane außerhalb des FFH-Gebiets in einem gewissen Abstand zur Baustelle positioniert werden. Aufgrund seiner „Übergröße“ kann er die mehr als 30 Meter lange und fast 200 Tonnen schwere neue Brücke über mehrere Baumreihen tragen und zum künftigen Widerlager heben.
Schwergewicht
Das bisherige Abutment wurde demontiert und Material entfernt. Das westliche Widerlager (Richtung Marbach) ist über 100 Jahre alt, hat keine statischen Unterlagen aus dem Bauwerk und trotz Kernbohrung ist die Tragfähigkeit ungewiss. Zudem muss das Lager zukünftig mehr Gewicht tragen, statt der künftigen 65 Tonnen sind es nun 180 Tonnen. Dazu werden nach Abschluss der Abbrucharbeiten 19 Bohrpfähle mit einer Tiefe von 8 bis 9 m am westlichen Ende der Brücke in den Untergrund gerammt, bis sie auf tragfähiges Gestein treffen. Für das Widerlager Ost hingegen wurde die Bodenplatte auf der Baustelle gegossen, die neben der eigentlichen Baustelle errichtet wurde. Es ist 7 x 10 Meter hoch und wiegt nur 185 Tonnen. Nachdem der Abbruch abgeschlossen ist und der Untergrund vermessen ist, hebt der Kran die Platte an ihre endgültige Position. Dann wurden alle Wände der Pfeiler mit Beton gegossen und die Widerlager restauriert.
Buchenbach-Baustelle
Die Baustelle, auf der die Raupenkrane stehen, wurde speziell für den Bau der Brücke gebaut. Dafür kippte die Deutsche Bahn rund 15.000 t Kies (rund 7.000 Kubikmeter) ab, eingeebnet und verdichtet. Nach Abschluss der Arbeiten musste die Baustelle komplett abgerissen und in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden. Dazu soll Erde verwendet werden, die dem bisherigen Boden entspricht. Der für die Bauarbeiten notwendige Düker Buchenbach bleibt jedoch bis Frühjahr 2021 bestehen. Dabei soll die Deutsche Bahn die Lebenszeiten von Organismen im Fluss berücksichtigen. Zusätzlich ist der mehr als 10 Meter hohe Bahnunterbau mit Spezialstahlmatten (Unterbaubolzen) gegen Erosion gesichert.
Die zukünftige Stahlbrücke hat ein 8 Meter breites und 34 Meter langes Deckenfachwerk. Es wird aus drei Einzelteilen vormontiert und auf der Baustelle in Burgstetten zusammengeschweißt. Die aktuellen Kosten des Neubaus belaufen sich auf rund 8,7 Millionen Euro. Darin nicht enthalten sind die Kosten der ersten Phase, in der die vordere Brücke abgerissen, eine Behelfsbrücke gebaut und eine Bodenfläche geschaffen wurde. Die Deutsche Bahn hat in diesen Bereich rund 1,7 Millionen Euro investiert.
Interview (Auszug) mit Petra vom NABU
In welchem Bereich arbeiten Sie derzeit?
Ich beschäftige mich mit dem Naturschutzgebiet Buchenbachtal, das hauptsächlich im Landkreis Ludwigsburg und in geringerem Umfang im Landkreis Rems-Murr zwischen Affalterbach Burgstall liegt. Es ist eine Fläche von 118,4 Hektar, ein grünes Tal mit Waldhängen und einem Flusstal, dem Buchenbach. Die Besonderheit der Region ist, dass sie sich in den letzten Jahrhunderten nie verändert hat. Der Bach wird so erhalten wie er ist und er kann wie er will. Das ist eine Besonderheit, denn die meisten Naturschutzgebiete wurden von Menschenhand geschaffen. Lange lebte ich in einem kleinen Dorf am Buchenbachtal und fand immer die Gegend. Mir ist aber auch aufgefallen, dass es sich leider zu einem Freizeitgebiet weiterentwickelt hat. Deshalb dachte ich: Das Buchenbachtal ist perfekt für mich.
Wie stellen Sie sich Ihren Job als Schutzgebietsbetreuer vor?
Ich bin normalerweise zweimal am Tag in der Gegend. Die Strecke durch das Buchenbachtal ist recht lang, ich wandere den unteren Teil einmal pro Woche den oberen Teil einmal pro Woche. Es dauert jeweils drei Stunden. Ich beobachte alles, ich beobachte, was passiert. Sie können bereits sagen, dass die Artenvielfalt von Blumenpflanzen stark abnimmt, deshalb möchte ich in Zukunft mehr mit Landwirten forschen, um sie mehr auf die Seite des Naturschutzes zu bringen. Auch Waldränder sind ein wichtiges Thema, mal werden sie über-, mal zu wenig bewirtschaftet. Während an einigen Stellen die Büsche die Oberhand gewinnen , gibt es auf den Feldern stellenweise fast keine Bäume mehr. Dann hebe ich den Müll auf, alles was ich gerade finde, leider das ist auch ein Problem.
Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der sagt: Ich würde gerne Schutzgebietsbetreuer werden, aber ich fürchte, mir fehlt das nötige Fachwissen?
Das waren auch erst meine „Sorgen“. Aber auf der einen Seite bekommt man viel von Mitschülern, wir hatten ein paar Vogelspezialisten dabei, von denen ich viel gelernt habe, mit einigen meiner Kollegen stehe ich in Kontakt.Das ist großartig, denn es gibt immer Themen, in denen es schwierig ist, zuverlässige Informationen im Internet zu finden. Die Wasser-Richtlinie ist so ein Thema, das betrifft mich auch wegen dem Buchenbach. Abgesehen davon lernt man die meisten Dinge wirklich durch Zuschauen. Ich hatte zum Beispiel nur wenige Berührungspunkte mit den Pflanzen. Wenn ich jetzt durch das Buchenbachtal laufe, sehe ich Pflanzen, die nicht alltäglich sind, sucht sie einfach.
Warum ist es in Ihrem Standpunkt wichtig, dass mehr Liebhaber der Natur für die Ausbildung als Schutzgebietsvorsichtsbehörde oder den Vorgesetzten des Schutzgebiets entscheiden?
Nummer eins ist für mich die Entfremdung von Naturschutzgebieten zu Naherholungsgebieten. Das ist momentan meine größte Sorge. Ich denke, wenn es jemanden gibt, mit dem die Leute reden können, macht das einen großen Unterschied. Bei mir ist es zum Beispiel, dass ich in den ersten Sommertagen immer Leute im Buchenbach hatte, die mit Hunden, Kindern und lauter Musik grillten. Das ist bereits passiert, ich habe mit ihnen gesprochen und es war kein Problem.Es ist wichtig, diesen Erholungsspaß zu stoppen, da geschützte Bereiche einfach nicht da sind.
echt sehr gute Rezension !
Herzlichen Dank für deine Bewertung meiner Rezension, lieber John. 🙂 VG Jan