Schön, dass du da bist. Ich bin Jan und nehme dich mit auf eine Turmführung in Villingen. Der Clou: Während dieser etwas anderen Stadtführung kommst du an Orte, die dir sonst verborgen bleiben. Ob sich das lohnt?
Stadtführer Klaus übernimmt während der Turmführung den Part des „Türstehers“ Fidelius Engelbert Schupp kurz Fidel. Er führt in düstere „Verließe“ und schwindelerregende Höhen. Ich gehe mit. Im Video-Interview verplappert er sich in bestem Schwäbisch, was dich auf der Tour erwartet.
Los geht’s
Da steht er und wartet auf seine „Opfer“: Obertorwächter Fidel ist nicht schwer zu erkennen – dank klassischer Dienstuniform eines Torwächters. Er ist „bewaffnet“ mit passendem Hut, Hellebarden-Lanze und einem runden, schweren Schlüsselbund. Sowohl mich Tagestourist als auch Einheimische nimmt er mit auf Türme-und-Tore-Tour.
Treffpunkt ist das Graf-Berthold-Denkmal in Villingen. Spontan teilnehmen geht leider nicht, du musst dich daher für die Villinger Turmführung vorab anmelden. Falls du mit deiner eigenen Truppe zu einem Einzeltermin möchtest, lässt sich die „Tour de Turm“ als individuelle Gruppenführung buchen.
- Dauer: ca. 2 Stunden
- Termine: regelmäßig, April-Oktober
- Häufigkeit: etwa 1-2 Mal pro Monat
- Preise: 20 Euro pro Ticket/Erwachsener
- Treffpunkt: bei Graf Berthold
Pulverturm
Der alte Pulverturm an der Stadtmauer von Villingen ist dein erstes Ziel. Das kleine Rondell von 1500 dient lange als Arsenal für Schießpulver und Munition. Von den vier ursprünglichen ist nur noch dieses vorhanden. Heute ist das „Pulvertürmle“ weniger gefährlich aber trotzdem außerhalb der Turmführung nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.
Johanneskirche
Anschließend führt Fidel die – übrigens maximal 15-köpfige – Truppe direkt zur Johanneskirche. Da bekommst du „eine auf den Deckel“. Weil ab hier akute Beulengefahr besteht, geht’s nur mit Helm und Stirnlampe weiter. Wird alles gestellt. Wie sinnvoll diese Maßnahme ist, spürst du an der einen und anderen Kante. 🙂
Von unten geht es auf mehr oder weniger festen Stufen in den Turm bis zur Glocke. „Die tattrigen Treppenstufen sind erst der Anfang“, warnt Fidel. Er wird Recht behalten. Eine der vier Glocken wird einst sogar in Villingen gegossen, es handelt sich also um eine echte Einheimische. Sie ist die kleinste „Turmbewohnerin“ des Kling-Klang-Quartetts.
Voraussetzungen
Auch wenn der eine und andere Turm Renovierungs- und Sicherheitsmaßnahmen hinter sich hat, ist die Tour immer noch ziemlich abenteuerlich. Historische Treppenstufen sind eben nicht alle gleich hoch – und hölzerne Querbalken befinden sich gerne mal auf Kopfhöhe, daher solltest du die berühmte Trittsicherheit und festes Schuhwerk dabei haben.
Oberes Tor
Vorab: Während der Turmführung in Villingen bekommst du vor allem im Stadtkern ziemlich viele Türme zu Gesicht. Da sich Bickentor, Riettor und Oberes Tor nicht auf Anhieb unterscheiden, achte auf das Zifferblatt. Die Farbe zeigt dir, wo du bist. Hier ist es grün = Oberes Tor. 🙂 Es ist Villingens jüngstes Tor mit dem höchsten Turm.
Zu Fidels eigentlicher Lebzeit geht es tough zu, vor allem für Ganoven und Schläger, die in der alten Haftanstalt nördlich der Altstadt festgehalten werden. Kritzeleien auf alten Holzwänden der Arrestzelle zeugen davon, wie Gefangene ihre Zeit damals ohne TV und WLAN verbringen – auch für heutige Kids eine Horrorvorstellung. „Inhaftierung ist fast die harmloseste Strafe, die einem Kriminellen damals widerfährt“, so Fidel. Oha.
Römausturm
Abschluss deiner Turmtour ist der 40 m hohe Villinger Römausturm. Der Riese Romäus soll ein Langfinger gewesen sein, der einst den Rottweiler Nachbarn heimlich ihr Stadttor klaut. Das macht „Lil Romy“ zum ersten Villinger Straßengangster und liefert dem Romäusturm seinen damaligen Namen: Diebsturm.
Bewertung Turmführung in Villingen
Mein persönliches Highlight ist der Ausblick über die Stadt ganz zum Schluss der Runde. Mega! Für Kinder taugt die Tour weniger, denn Teilnehmer sind erst ab 14 Jahren „zugelassen“. Trotz Stadtführer in historischer Tracht – so wie Fidel – sind Pulvertürmle, Johanneskirchturm, Oberes Tor und Romäusturm die eigentlichen Superstars der Turmführung in Villingen. Geschichte, Geheimnisse und Anekdoten verschmelzen zu einer Stadtführung der besonderen Art. Ich kann die „Türme und Tore“-Tour sowohl Tagesgästen als auch Einheimischen empfehlen. Wann sonst kommst du in den Genuss solcher „Lost Places“ in der eigenen Stadt? 🙂
Dein Deutschland Reiseblog #1 Tipp: Rund eine halbe (Auto-)Stunde von Villingen entfernt, liegt Triberg? Hat’s schon geschnackelt? Ja richtig, dort befinden sich die bekanntesten Wasserfälle im Schwarzwald.
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