Das eine oder andere Bergwerk hast du bestimmt schon gesehen, so eins wie das Bergwerk Nuttlar ist meine Premiere. Das Schieferbergwerk unterscheidet sich von Erz-/Kohlebergwerken durch einzigartige Fotomotive.
„Lassen Sie sich entführen in eine Welt, die Sie zuvor noch nie gesehen haben!“ steht auf deren Homepage. Als Marketingmensch falle ich darauf natürlich nicht herein, draußen im Tageslicht erahne ich noch nicht, das es doch so sein wird.
Es gibt nur wenige Trottel, die bei einer Bergwerksführung kein funktionelles Festschuhwerk sondern weiße Leichtsneaker tragen. Ich bin einer von ihnen. Ist zwar nicht sooo schlimm, aber feste Schuhe sind untertage auf jeden Fall ziemlich sinnvoll. Weiß auch Bergwerksführer Rainer…
Video am Bergwerk Nuttlar
Im Video-Interview erzählt mir Kumpel Rainer in nur 2,5 Minuten von den Besonderheiten des Bergwerks und von seinem dortigen Lieblingsplatz, an den er geht, um sich von der „Welt da draußen“ zu erholen.
Bei der Einfahrt in den Berg wird es plötzlich richtig kühl und dunkel. Die Spotlights der Stirnlampen sind das einzige, was den Geist erhellt und die Stimmung erleuchtet. Bergleute sagen übrigens immer „in den Berg einfahren“ – egal ob zu Fuß, auf Schienen oder öhm mit nem Schlauchboot.
Um die erste (und vielleicht auch zweite) innere Kühle loszuwerden, wirst du als Besucher im Bergwerk Nuttlar immer mal wieder aktiv zwischendurch: mal nur festhalten, mal richtig kraxeln, mal auf allen Vieren. Läuft. Dafür eröffnen sich tolle Einblicke wie diese hier.
Einfahren, bitte
Ausfahren, bitte
Faktencheck: 1878 fahren die ersten Kumpel ins Bergwerk Nuttlar ein. Bis zu 200 Arbeiter sind hier beschäftigt, so entstehen rund 20 Kilometer auf fünf Ebenen. Die natürliche Belassenheit ist das USP des Schieferbergwerks: perfekt geteerte Wege mit Geländer, sauber abgeschleifte Treppenstufen und elektrisches Licht suchst du hier vergebens.
Kein Plan, ob die Redewendung „Öl ins Feuer gießen“ aus der Bergmannsprache kommt, aber Öllampen sind hier unten lebensnotwendig. Während wir heutzutage in Funktionskleidung und mit voll aufgeladenen Akkulampen durch die Gänge stapfen…
…ist es damals ein weiter Weg vom Licht am Ende des Tunnels. Anhand von sogenannten Karbidlampen zeigen unsere Kumpels eindrucksvoll, dass Licht ein ziemlich kostbares Gut sein kann – vor allem in einem tiefen, dunklen Stollen.
Schnaps muss
Super finde ich, dass Guide Rainer sowohl von Schiefer, Schieferdächern und Schieferdachplatten redet als auch live und direkt am „lebenden“ Objekt zeigt, wie Schiefer bearbeitet wird. Ist einfacher, als ich mich vorstelle: Schieferplatten können sehr dünn und exakt zugerichtet werden.
Gut zugerichtet sind einige Besucher auch nach dem ersten (und entgegen aller Gerüchte einzigen) Schnaps, quasi mein erster Kurzer unter Tage. Ich bin echt kein DeutschlandJägermeister-Fan, aber ein Kräuterkurzer zwischendurch hat schon was. Hicks.
Super faszinierend sind die alten Überreste der Bergleute, also nicht deren Gebeine, sondern das, was sie einst nutzen und Walking-Dead-artig plötzlich stehen und liegen lassen – darunter ne Zeitung aus der eher unrühmlichen Ära Deutschlands.
Tauchrevier
Das Thema Tauchen ist in Nuttlar ein ganz großes: das Bergwerk ist zwar kein klassisches Tauchrevier, aber du findest hier unter Wasser alles genau so vor, wie es die Bergleute einst verlassen – auf einer Länge von etwa 12 km in bis zu 38 Meter Tiefe. Damit ist es das größte (!) betauchbare Bergwerk in Deutschland. Nachteil: Für Anfänger und Tauchlaien wie mich bleibt das Erlebnis ein Traum aus Internetbildern, denn fürs Bergwerktauchen brauchst du nen Open-Water-Tauchschein.
Zumindest das Erlebnis oberhalb der Wasserkante ist für Jedermann möglich: ne Besichtigung dauert – je nach Tour – zwei bis sechs Stunden. Die Führung finden nach Voranmeldung statt, das heißt spontan vorbeikommen is nich, aber das kriegste hin, oder? Die Preise für die 2-Stunden-Schnuppertour liegen bei 18 Euro pro Erwachsenem, das 4-Stunden-Erlebnis gibt es für 29 Euro. Angemessen!
Bewertung Bergwerk Nuttlar
Als positiv schräg würde ich Kumpel Rainer bezeichnen, der die Besucher mit voller Leidenschaft durch sein Reich führt. Der Seitentitel dieses Blogartikels trifft es schon ganz gut: „Schräger geht nicht, aber Schiefer“. Das Bergwerk Nuttlar unterscheidet sich durch den Schiefer alleine schon optisch von anderen Bergwerken wie dem Salzbergwerk in Bad Friedrichshall (hier geht es zum versalzenen Blogartikel), dem Tiefen Stollen in Aalen (hier geht es zum stolligen Blogartikel) oder der Grube Lautenthals Glück im Harz (hier geht es zum glücklosen Blogartikel). Urlaub im Sauerland geplant? Dann nichts wie ab-stieg ins Bergwerk Nuttlar!
Mein Tipp: Kombiniere deine Besichtigung des Schieferbergwerks mit einem Ausflug an den Hennesee (ca. 20 Minuten per Auto, auf jeden Fall ne Seerundfahrt machen) und/oder übernachte im Hotel Nieder in Bestwig-Ostwig (ca. 3 Minuten per Auto, sehr originelles und schönes Hotelkonzept).
Dein Deutschland-Reiseblog #1 ist bei diesem Reiseziel unterstützt durch Sauerland Tourismus, aber keine Sorge: Es ist meine persönliche Meinung!
Hallo, ich würde gerne in meinem Blog einen Beitrag über diesen Post machen, natürlich mit Links. Darf ich hierfür das oberste Bild verwenden und haben Sie hier konkrete Wünsche für den Text, der auf die Bildrechte hinweist?
Gruß
Andreas Martin
Hi Andreas,
schreib mir am besten mal ne Mail. Dann dürfte das kein Problem sein 🙂 LG, Jan
Wie toll sind denn die Überbleibsel der Bergleute! Hat ja fast schon LostPlaces-Charakter, großartig! Und in Lautenthal warste jauch schon! Viele Grüße
Ja ziemlich nice das 🙂