Melanie ist Gärtnerin im Erfurter egapark. Ich taufe sie die „Erdkundlerin von Erfurt“. Ob Melanie gut ist in Geografie, weiß ich nicht, aber mit Dingen in und aus der Erde kennt sie sich mega aus.
Blumen beim ersten Date? Nicht mit Melanie! „Davon habe ich schon genug auf dem Balkon. Außerdem mag ich überhaupt keine Schnittblumen, weil man nichts von den Pflanzen hat.“ Klares Statement. Wenn du bei Melanie punkten möchtest, schenk ihr also eine Pflanze, die sie beim natürlichen Wachstum beobachten kann – oder Schokolade. 🙂
Falls du keine Zeit hast, den kompletten Artikel zu lesen, dann klicke auf die folgenden Überschriften oder scrolle ganz nach unten zum Fazit. Hier geht’s zu vielen Erfurter Sehenswürdigkeiten. Dort findest du auch einen Videoclip mit einigen egapark-Eindrücken.
- Panoramablick vom Aussichtsturm
- Stylishe Hipsterpflanze, leckeres Colakraut
- “Bürojob? Nein, danke!“
- Keine Flyer im Tropenhaus
- Video: egapark in nur 70 Sekunden
- Fazit: egapark Erfurt
Video: 3 Fragen an Erfurter egapark
Im Video-Interview gibt Melanie in nur 90 Sekunden einen kleinen Einblick, was sie als Gärtnerin macht und wo sie sonst in Erfurt zu finden ist. Das Interview findet an einem für Melanie ganz besonderen Ort statt: „Mein Geheimtipp!“
Schöner Ausblick auf unschöne Geschichte
Eine schnuckelige und ziemlich ruhige Ecke im Erfurter egapark ist der Panoramapunkt „Buchenwaldblick“. Folge ganz easy der Beschilderung und bringe etwas Zeit mit. Schöner Moment, auch wenn der Namensgeber dieses lauschigen Plätzchens alles andere als idyllisch ist.
Von hier aus siehst du nämlich nicht nur den Dom (der teilweise durch Grünzeug verdeckt ist), sondern auch die Gedenkstätte Buchenwald. Das ehemalige KZ vor den Toren Weimars ist einst „Unterkunft“ für mehr als 250.000 Gefangene. Für rund ein Viertel endet die Lebensreise dort. An meinen Besuch in Buchenwald erinnere ich mich heute noch verdammt gut.
Bessere Aussichten
Wo die Aussichten westlich schöner sind, ist vom Aussichtsturm. Der ehemalige Geschützturm ist easy zu begehen, weil die Wege und Treppen ziemlich breit sind. Nach dem letzten Stück über 61 Stufen der Wendeltreppe hast du freie Rundumsicht auf den Erfurter Dom und das gesamte Parkgelände. Nice.
Es windet ganz schön hier oben, deshalb nichts wie zurück auf den Boden der Tatsachen. Apropos Boden, der Turm mit seinen 35 Metern Höhe ist überschaubar hoch und deshalb auch was für uns Nicht-Höhenfans. Seit mehr als 70 Jahren dient das Rondell als Aussichtsplattform.
Herrin der Beete, auch für Rote?
Melanie ist für eine ganze Menge Grünzeug bzw. „Buntzeug“ verantwortlich. Alleine auf dem großen Blumenbeet am Eingang tummeln sich rund 150.000 einzelne Pflanzen sowie fast 1.000 Kübelpflanzen. Je nach Parkmotto stehen Auswechslungen an: andere Sorte, andere Farbe, andere Anordnung. Melanie strahlt: „Das größte Lob für mich ist es, wenn jemand an ‚meinen‘ Pflanzen stehen bleibt und sagt: Oooh, ist das schön.“
„Noch schöner finde ich, wenn ein kleiner Knirps an den Blumentieren vorbeiläuft und sich tierisch darüber freut.“ Dass der große Ruhm dabei ausbleibt – schließlich wissen Besucher ja nicht, von wem das Kunstwerk stammt -, spielt für Melanie keine Rolle. „Hauptsache, die Leute finden es schön. Egal, wer es gemacht hat.“
Hipsterpflanze und Colakraut
Was ICH persönlich schön finde und unter Hipstern, Instagrammern und anderen Influencern wohl der neueste (Pflanzen-)Schrei sein soll, ist die sogenannte Ufopflanze. Pilea peperomioides hat dank ihrer eleganten, schlichten, runden Form einen festen Platz in Agenturen, Bloggerbüros und Coworking Spaces.
Was ich auf dem Foto oben esse, macht mich unsterblich. Zumindest soll ich der Legende nach seeehr lange leben. Jiaogulan (Gynostemma pentaphyllum) gilt als Kraut der Unsterblichkeit und wird in Asien meist als Salat oder Tee zubereitet. Schmeckt eher neutral. Nach mehr schmeckt da schon das Kraut auf dem Foto darüber: Cola-Kraut (Eberraute, Artemisia abrotanum) riecht und schmeckt genau so, wie du es vom Namen her erwartest. Faszinierend.
Ruhig, Brudi!
Richtig schön ruhig und idyllisch geht es im Japanischen Garten zu, offiziell Japanischer Fels- und Wassergarten. Flüssiges Nass plätschert beruhigend zwischen fernöstlichen Pflanzen hindurch und sorgt für inneres Gleichgewicht. Das brauche ich vor allem, als ich die Japanischen Felsen für diesen Schnappschuss erklimme.
“Bürojob? Nein, danke!“
An die Arbeit im Erfurter egapark kommt Melanie eher zufällig. Nach Abitur und Literatur-Studium ist ihr schnell klar, dass Melanie voll auf Handjobs steht – irgendwas in Richtung Fotografie und Mediengestaltung. Es kommt anders. 2013 bietet ihr der egapark auf einer Berufsbildungsmesse eine Stelle an, und sie sagt spontan zu. „Ich habe meinen Traumjob“, freut sich Melanie. „Es ist die perfekte Mischung aus Mails schreiben, Besucherfragen beantworten und draußen sein.“ Rund 20 Gärtner und Gärtnerinnen plus Auszubildende und Techniker kümmern sich um das Wohl der ega-Pflanzen. Melanies Steckenpferd sind die großen Kübel am ega-Eingang, der Bereich „Gartenideen“ und die Pelargonienschau. Für ungrüne Daumen wie mich: Pelargonien sind Geranien, so wie die von Omas Balkon.
Obwohl Pelargonien Melanies Lieblinge sind, ist die Arbeit an ihnen oft nicht so prickelnd. „Das Ausputzen ist echte Sisyphos-Arbeit. Nach ein paar Tagen sieht alles wieder so aus wie vorher.“ Ausputzen bedeutet: alte Blüten abzupfen. „Rosen sind zwar schön anzuschauen, aber daran zu arbeiten ist auch nicht so dolle. Alles, was stachelt, ist nicht mein Fall.
Schmetterfly und Butterling
Ortswechsel. Alter Falter, oft weiß ich nicht, was ich von Schmetterlingen halten soll. Einzeln sind sie ja ganz niedlich, aber als Schmetterlingshorde unberechenbar, weil sie wild umherflattern. Im egapark-eigenen Schmetterlingshaus kannst du die Sommervögel von der Puppe bis zum erwachsenen Falter „begleiten“, also Augen auf!
Die Fliegerlinge im Erfurter egapark haben mit den Flattermännern in Opas Schrebergarten wenig zu tun. Satte 30 cm Flügelspannweite misst Atlasfalter Attacus Atlas (nicht auf den Fotos!), der größte Schmetterling der Welt. Ordentlicher Lappen. Dass ein Zitronenfalter keine Zitronen faltet, weißt du spätestens seit dem schlechten 90er-Witz. Dafür faltet Melanie grüne Blätter.
Faltblätter im Tropenhaus
Tropenhäuser mag ich, obwohl es drinnen immer mächtig schwül ist. Das Tropenhaus im egapark fühlt sich wie ein Kurztrip nach Mexiko an: Auf 600 qm findest du einen Urwald im Maya-Style. Ich empfehle wenig Kleidung! 🙂 Unter den mehr als 1.000 tropischen Pflanzen ist das – ich nenne es – Faltblatt. Nicht verwandt oder verschwägert mit einem handelsüblichen Flyer. Du kannst die Pflanzenblätter knicken und falten, aber sie bringen sich immer in ihre ursprüngliche Form zurück. Faszinierend.
Wenn du trotz Hitzewallung und Schweißperlenrennen auf deinem Rücken links und rechts etwas genauer hinschaust, entdeckst du im Tropenhaus Bananen, Kakao- sowie Kaffeebohnen und Ananas. „Lohnt sich hier vor allem im Winter, wenn es draußen kalt ist.“ Ich glaube Melanie. Mein Shirt ist durch. Mir reicht’s.
Video: egapark in 70 Sekunden
In nur 70 Sekunden bekommst du einen kleinen, aber feinen Überblick über die sehenswerten Ecken im Erfurter Gartenschaugelände. Von ein paar Highlights hast du ja oben schon gelesen.
Fazit Erfurter egapark
Wenn ich ehrlich bin, beneide ich Melanie. Während unsereins dem klassischen 9-to-5-Büroleben nachgeht, hat die „Erdkundlerin vom Erfurter egapark“ ihre Berufung gefunden. Draußen sein und was mit den Händen machen, das Leute erfreut. Super, oder? Etwas happig finde ich den Eintrittspreis von 8 Euro pro Erwachsener und 6,50 Euro pro Kind/Ermäßigter. Die Öffnungszeiten hingegen empfinde ich als besucherfreundlich: in den Sommermonaten von 9 bis 18 Uhr. To hit the point: Der Erfurter egapark ist ein richtig schönes Naherholungsgebiet, auf dem du gut und gerne einen ganzen Tag verbringen kannst. Und falls du Melanie begegnest, schenk ihr bitte bloß keine Blume. 🙂
Mein Tipp: Solltest du irgendwann die Nase voll haben von Pflanzen und Grünzeug, dann empfehle ich dir einen Abstecher in die Erfurter Innenstadt. Dort solltest du dir auf jeden Fall eine Kugel Eis bei Zucker und Zimt holen. Typisch Erfurt ist auch die Farbe Waidblau, die ziemlich exklusiv im Dürerhaus gedruckt wird.
Dein Deutschland-Reiseblog #1 ist bei diesem Reiseziel unterstützt durch Erfurt Tourismus, aber keine Sorge: Es ist meine persönliche Meinung!