46 Kilometer laufen. Am Stück. In 11 Stunden. Meine Freunde erklären mich für verrückt, aber wer am Wandermarathon teilnimmt, hat sich das hoffentlich vorher gut überlegt. Mein Plan: nach der Hälfte abbrechen.
Unerträgliche Rückenschmerzen, Blasen so groß wie 2-Euro-Münzen und schmerzhafte Muskelkrämpfe – das alles fühle ich innerlich, noch bevor ich überhaupt einen einzigen Schritt auf dem Westerwaldsteig zurücklege. Die Erwartungshaltung an mein Durchhaltevermögen ist niedrig, die an körperliche Auswirkungen hoch. Aufziehendes Unwetter macht die ersten Schritte nicht leichter…
Westerwaldsteig
Im tiefsten Inneren denke ich schon an die erste Pause und das zweite kühle Bierchen. Erste ungewollte Ernüchterung: Es wird alkoholfreies Bier sein, immerhin schmeckt das Autofahrerbier innerhalb einer Gruppe nicht ganz so schlimm. Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Der Keiler auf dem Etikett motiviert unheimlich, mich nicht vom inneren Schweinehund überrumpeln zu lassen und die 46-Kilometer-Etappe von der Holzbachschlucht bei Gemünden zum Stöffelpark in Enspel durchzuziehen – an einem einzigen Tag, nur nochmal fürs Protokoll.
Video: Wandermarathon in 220 Sekunden
In meinem Video bekommst du in nur 220 Sekunden ein paar Eindrücke vom Wandermarathon auf dem Westerwaldsteig und warum wandern (in der Gruppe) wahnsinnig wichtig ist. Ohne würde ich die Strecke nämlich nicht packen.
Wandermarathon
Für Wald-, Wiesen- und Naturallergiker ist Wandern auf dem Westerwaldsteig ohnehin nicht das Richtige, für Gräserpollenpatienten wie mich ist der Wandermarathon gleich doppelt anstrengend: zwei Päckchen Tempos sind vor Kilometer 14 bereits verbraucht, und 32 weitere liegen noch vor mir (Kilometer, nicht Tempo-Päckchen). Hatschi!
Der erste schöne Ausblick auf der Wanderung wartet am Katzenstein auf die Truppe: von hier aus hat man ne super Aussicht auf Westerburg. Das kleine Städtchen im Nordosten von Rheinland-Pfalz ist berühmt für sein Schloss, dass sich mehr oder weniger erfolgreich hinter ein paar Bäumen versteckt.
Etappen
An vielen Stellen der Westerwaldsteig-Etappe macht der Schwarzwald seinem Namen alle Ehre, ach nee halt, wir sind ja im Westerwald. Allerdings muss ich bei den teils düsteren Stellen an den „großen Bruder“ in Baden-Württemberg denken. Stellenweise fühle ich mich wie in ner Game-of-Thrones-Kulisse und erwarte jeden Moment eine Horde mittelalterlicher Meuchelmörder.
Die Starks und Lannisters begleiten mich allerdings nicht wirklich bei der Überquerung des Mount Schweinehund, dafür sind rheinland-pfälzische Windräder ziemlich präsent. „Wusch-wuusch-wusch“ wird zum Hauptsong auf dem Wandermarathon-Soundtrack.
Schnäpper
„Schnaps, das war sein letztes Wort“, wird voraussichtlich die erste Single-Auskopplung, denn wichtiger als gute Wanderschuhe und -socken ist eigentlich nur der richtige Schnaps. Der „Wegweiser“ sorgt für gute Laune, hält die Truppe zusammen und lässt den Schweinehund einsam im Wald zurück.
Faktencheck: Der Westerwaldsteig ist ein ingesamt 235 km langer Fernwanderweg, den du auf 16 Etappen je nach Lauflust und -laune aufteilen kannst. Die meisten Abschnitte bewegen sich zwischen 15 und 20 Kilometer Länge, wobei die bekanntesten Orte entlang der Route vermutlich Bad Marienberg, Nistertal, Breitscheid und Marienthal sind. Ortsnamen sind für mich allerdings Schall und Rauch, ich schaue schon lange nicht mehr nach links und rechts.
Der erste Schmerz
So langsam zwickt und zwackt es nämlich schrittabwärts. Hat der Schweinehund etwa meine Fährte aufgenommen? Dann mal lieber noch ne Pause machen, Essen ist wichtig und Trinken noch viel mehr. Beim Bloggerwandern bleiben glücklicherweise doch nicht alle Getränke alkoholfrei. Das hält fit, auch mein Schrittzähler macht nicht schlapp, er läuft und läuft und läuft: 48.361
Nach rund 63.000 Schritten, 46 Kilometern und 12 Stunden Fußmarsch (hätte auch in 11 klappen können) geht das Abenteuer Bloggerwandern zu Ende: der Stöffelpark in Enspel ist erreicht. Wie schön eine warme Dusche und heißes Grillgut doch sein können.
Video: Wie ich den Wandermarathon erlebe
In meinem rund 2,5-minütigen Video siehst du die unverblümte Live-Wahrheit, wie ich mich auf dem Wandermarathon schlage – vom Aufstehen seeehr früh morgens bis zum Ins-Bett-fallen abends. Wenn auch du gerne so lange und so weit läufst, nimm doch mal diese Strecke.
Fazit 46-Kilometer-Wandermarathon
46 Kilometer am Stück zu wandern: diese Vorstellung ist vor der Wanderung unvorstellbar, danach fühle ich mich wie im siebten (Wander-)Himmel. Die Glücksgefühle und die Erleichterung nach solch einer Tour sind unbeschreiblich, aber eben kaum wiederholbar. Nochmal würde ich eine TorTour dieser Art vermutlich nicht machen, dann lieber kürzere Etappen in mehreren Tagen. Wurstpiepegal: tolles Abenteuer, tolles Erlebnis, goodbye Schweinehund – und das ganz ohne Abbrechen oder Schmerzen. 🙂
Dein Deutschland-Reiseblog #1 ist bei diesem Reiseziel unterstützt durch Rheinland-Pfalz Tourismus, aber keine Sorge: Es ist meine persönliche Meinung!
Ja, der Westerwald hat schon seine schönen Seiten. Nur das Wetter ist im Westerwald manchmal gewöhnungsbedürftig.
(URL entfernt / Jan)
Hi Andreas, ja da kann ich zumindest für den einen Tag zustimmen. Es hat anfangs geschüttet, was der Himmel hergibt. Aber ich sag mal so, über das Wetter kann man sich ja überall in Deutschland jederzeit beklagen. 😉 LG Jan
Ach Jan, herrlicher Bericht und noch bessere Videos.
Sehr geil mit der Stolperaufnahme 😀