Die Stuttgarter Geistertour bringt Dich an den Rande des Wahnsinns: Stimmen die Geschichten? Sind sie wirklich so passiert? Wer ruft die Stuttgarter Geister auf den Plan und wie wird man sie wieder los? Ortstermin mit Galileo-Mystery-Garantie.
Anette ist quasi der „Obergeist“ der Stuttgarter Geistertour. Mit ihren strohigen Haaren, dem schwarzen Umhang und einem langen (Zauber-)Holzstab passt sie phänotypisch perfekt in ihre Rolle. Mit ihrer Art, die Geistergeschichten spannend und kurzweilig zu erzählen, erst recht.
Als die Tour über die Schwaben-Geister startet, habe ich das Gefühl, sie war damals live mit dabei. Durch ihre detailierten Beschreibungen bringt sie uns Zuhörern die passenden Bilder in den Kopf. Garniert mit dem einen und anderen schnippischen Spruch sowie durch witzige Anekdoten lockert sie die Stimmung häppchenweise auf. Buh!
Video: 3 Fragen an Stuttgarter Geistertour
In meinem Video erzählt „Geisterlady“ Anette (Anett, don’t call her Anette), was Dich bei der Stuttgarter Geistertour erwartet und von ihrer persönlichen Lieblingsgruselstory.
Während Anette ihre Gruselgeschichten zum Besten gibt, hängen wir Zuhörer an ihren Lippen. Klar, wer hängt früher nicht auch gerne an Muttis oder Omas Lippen beim Gute-Nacht-Geschichte-erzählen? Die geschichtlichen Fakten während der Stuttgarter Geistertour sind übrigens wasserdicht, nur die Geistergeschichten selbst könnten (!) 🙂 unter nebulösen Umständen entstanden sein.
Geistergeschichte, zum ersten: Soldaten reiten die heutige „Freßgasse“ Schulstraße entlang, doch die Pferde wollen nicht weiter. SIe spüren, das hier etwas nicht stimmt. Der Lärm, den die Soldaten verursachen, reißt ein älteres Ehepaar aus dem Schlaf. Sie schauen aus dem Fenster und wollen schwäbisch-like Stunk machen, dass das mitten in der Nacht so nicht geht.
Im gegenüberliegenden Fenster sieht das Rentnerpärchen einen betenden Mönch, der geisterhaft wirkt. Als plötzlich die Glocken der Stiftskirche läuten, verschwindet der Geist. Die Pferden spuren wieder und die Soldaten reiten weiter. Wer ist der (klingt nach Schnaps) Mönchsgeist?
Geistergeschichte, zum zweiten: Viele unterirdische Gänge unter dem Stuttgarter Schillerplatz, hinüber zum Alten Schloß, sind nicht breiter als 70 Zentimeter und werden deshalb gerne als Schmuggelweg zur Alten Kanzlei genutzt. So auch von einem korrupten Stadtbeamten, der seine falschen Bilanzen – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht ans Tageslicht bringen möchte. Uli H. lässt grüßen! Ein ehrenwerter Buchhalter kommt ihm auf die Schliche. Eines Tages fängt der Stadtbeamte den Buchhalter im Tunnel ab und zerrt ihn in die Brunnenstube. Dort drückt er dessen Kopf unter Wasser: Goodbye, Buchhalter!
Am nächsten Tag weht ein kalter Luftzug duch die Amtstube des korrupten Stadtbeamten. Er blickt auf und sieht den Geist des Buchhalters, dem Wasser über das Gesicht rinnt. Fortan wird der Korrupte regelmäßig heimgesucht. Nur der Stadtbeamte kann den Geist sehen. Und weil er den bleichen Buchhalter nicht los wird, wünscht sich der Stadtbeamte nichts sehnlicher als … den Tod!
Geistergeschichte, zum dritten: Postbote Michael, kurz Postmichel, findet auf seiner Zustellroute einen wertvollen Siegelring. Er steckt sich den Ring an den Finger und will ihn in seiner letzten (Pack-)Station Esslingen abgeben. Dort wird der Ring erkannt. Postmichel landet unter Mordverdacht beim Folterknecht. Trotz aller Folter beteuert er seine Unschuld, gesteht aber letztlich weil „lieber tot statt weiterleiden“. Henkerswunschmahlzeit: zum letzten Mal das Posthorn blasen. Auf dem Weg zur Köpfung erkennt Postmichel im Neffen des Ringbesitzers den wahren Schuldigen. Postmichel = Kopf ab! Fortan ertönt 40 Jahre lang in jeder St.-Michael-Nacht ein penetrantes Posthorn vor dem Haus des bösen Neffen, bis dieser eines Tages den Mord gesteht.
Geistergeschichte, zum vierten: eine Frau aus dem 18. Jahrhundert. Sie trägt ein graues Hemdkleid, ein kurzes dunkles Jäckchen und ein vergilbtes Tuch um den Hals. Unter ihrer Haube ist krauses Haar zu erkennen, ihre Wangen sind eingefallen, ihre Haut ist fahl – fast schon durchsichtig.
Sie könnte zum hiesigen Waisenhaus gehören. Gibt sie ihr Kind damals in die Obhut einer sogenannten Engelmacherin? Engelmacherinnen sorgen einst für das, was wir heute als Abtreibung bezeichnen. Eine schwäbisch-aufmerksame Renterin behauptet, sie habe die junge Frau vor drei Jahren in der Nachbarschaft gesehen. Spukt hier der Geist der jungen Mutter?
Geistergeschichte, zum letzten: Die Weberstraße ist quasi die Game-of-Thrones-Meile Stuttgarts, denn in Verlängerung zur Weberstraße befindet sich der Wilhelmsplatz und hier heißt es einst: Kopf ab! Daher kommt übrigens der Name der Hauptstätter Straße: Hat nichts mit Stuttgart als Hauptstadt zu tun, sondern mit der Straße zur Stätte, auf der eifrige Henker einst ihre Hauptsachen erledigen.
In der Weberstraße ereignen sich auch romantische Dinge. Logischerweise mit tragischem Ausgang, sonst wäre das hier ja keine Geister- sonder ne Liebestour. Kurzform: Reiche Winzerstochter verliebt sich in jungen Tagelöhner. Winzersvater findet das uncool und schiebt Jungspund nen Diebstahl unter. Junger Mann = Kopf ab! Winzerstocher stirbt an „Fieber“, CSI Mittelalter vermutet Liebeskummer. Seitdem sichtet man jeden Morgen zwei innige Gestalten auf dem Wilhelmsplatz, deren Silhouetten sich mit den ersten Sonnenstrahlen auflösen.
Switch zum Anfang der Stuttgarter Geistertour: Treffpunkt ist die Stuttgardia, die selbst ich als Einheimischer nie wahrnehme. Sie befindet sich am Eck des Rathauses in Stuttgart, Richtung Hirschstraße. Nach oben schauen bringt Dich weiter 🙂 Die Preise für die Geisterführung betragen 10 Euro für Erwachsene und 5 Euro für Ermäßigte. Finde ich angemessen.
Fazit Stuttgarter Geistertour
Die Stuttgarter Geistertour ist eine spannende Stadtführung der etwas anderen Art. Im Gegensatz zur klassischen Stäffelestour findet die Geisterführung logischerweise abends statt, was für die passende (Licht-)Stimmung sorgt. Kann ich Dir unbedingt empfehlen, falls Du spontan ohne großen Aufwand was (neues) erleben möchtest. Teilnehmen ist spontan möglich, eine Anmeldung nicht erforderlich. Und in der Zwischenzeit denke ich mal über ne Galileo-Geister-Edition nach… 🙂
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