Beim Wort Bardentreffen denkst du vermutlich an Mittelalterfest, Ritterspiele und Stockbrot. Weit gefehlt. Das Nürnberger Bardentreffen ist seit 50 Jahren das größte kostenlose Open-Air-Festival in Deutschland.
Das ist für mich der spannendste Spielort auf dem Bardentreffen: St. Katharina, eine im Zweiten Weltkrieg komplett zerstörte Klosterkirche. Durch das „Kirchengerippe“, also die Grundmauern und den Ostchor, herrscht hier richtig gute Akustik. Als ich da bin, brettert ein israelischer Musiker mit ausgeprägter Afro-Frise irgendwas in seiner Muttersprache ins Mikrofon – unterlegt von krachendem Elektro-Sound. Cool-krasser Kontrast zur Kulisse.
Ich weiß nicht, wieviele Leute sich trotz Securityschleuse rein drängen, aber wohl zum ersten Mal ist eine Kirche in Deutschland so richtig voll. Insgesamt schieben sich mehr als 200.000 Besucher durch die Nürnberger Altstadt. Sie lauschen fast hundert Konzerten auf zehn Bühnen.
„Einmal musste ich das Bardentreffen aussetzen“
Andreas Radlmaier ist Leiter des Projektbüros im Kulturreferat der Stadt Nürnberg und seit 2010 mitverantwortlich für das Programm des Nürnberger Bardentreffens. Bislang verpasst er nur eines von mehr als vierzig Events – am Tag seiner Hochzeit. 🙂
Hunderte Straßenmusiker
Die Straßenmusikerinnen und Straßenmusiker auf dem Bardentreffen sorgen für eine ziemlich einzigartige, vielfältige Stimmung. Egal ob Profi-Gitarrist, Hobby-Rapper oder Gelegenheits-Trommler – die meisten Musiker reisen extra für das Festival aus der ganzen Welt an. Um kein Chaos in die bayerische fränkische Ordnung zu bringen, gibt es „Verhaltenshinweise“.
Zu den Regeln für Straßenmusik gehören unter anderem der Verzicht auf Verstärker, die Anzahl der Musiker (max. sieben Leute) sowie die Höchstdauer des Auftritts. Nach spätestens 1,5 Stunden sollen die Musiker ihren Standort wechseln, um anderen einen neuen bzw. besseren Standort zu ermöglichen. Eine Genehmigung für Hobby-Barden ist übrigens keine Pflicht, eine rechtzeitige Bewerbung reicht aus.
Hauptsache Hauptmarkt
Wie sein Name eigentlich schon vorgibt, ist der Hauptmarkt das Zentrum des bardischen Treibens. Hier, neben der instagram-tauglichen Frauenkirche, steht die größte Bühne des Festivals. Ist zwar grundsätzlich die perfekte Location, um einen Treffpunkt auszumachen, nur leider ist hier die Hölle los.
Weitaus beschaulicher, auch wenn nicht wirklich weniger los ist, geht es auf dem Sebalder Platz vor der Sebalduskirche im Stadtteil St. Sebald zu. 🙂 Der leicht abschüssige, pflastergesteinte Platz ist mein Liebling – auch weil ich hier 2018 Elif mit ihrem Megahit „Unter die Haut“ zu hören bekomme. Ich singe halbtextsicher mit: „…vielleicht sing’ wir irgendwann – wieder Panic at the Disco Songs…“
Neben Hauptmarkt, St. Katharina und Sebalduskirche genießt du feine nationale und internationale Soundkost auch hier: „Fress-Meile“ Insel Schütt, Lorenzer Platz mit regionalen Bands, kleiner Kreuzigungshof mit 300 Sitzplätzen, enger Trödelmarkt und Straßenbühne in der Fußgängerzone.
Das größte Umsonst-und-Draußen-Musikfestival Deutschlands ist tatsächlich kostenlos, du zahlst also nirgends auf dem Gelände Eintritt. Dafür brauchst du für Essen und Trinken etwas Taschengeld, klaro. Für einen schönen musikalischen Abend solltest du also ein paar Groschen zusätzlich im Geldbeutel haben – alleine schon für die ganzen Musiker(hüte).
Öffnungszeiten und Spielzeiten
Klassische Öffnungszeiten bekommst du nicht vorgeschrieben, denn in der Altstadt ergibt sich der Zapfenstreich, sobald die fröhlichen Franken freiwillig Feierabend machen. Dauert also. 🙂 Die Straßenmusik an den Festivaltagen jedoch ist auf 23 Uhr begrenzt.
Obwohl die Franken nicht unbedingt als Karnevalisten bekannt sind, zumindest nicht so wie die Rheinländer, bezeichnen viele Einheimische das Kostenlos-Festival als Nürnbergs fünfte Jahreszeit. Und diese Feierzeit findet 2024 von 26. bis 28. Juli zum 47. Mal statt. Das genaue Programm und die teilnehmenden Bands findest du hier.
Bewertung Bardentreffen Nürnberg
Stimmung und Setting auf dem Nürnberger Bardentreffen gefallen mir richtig gut. Dass es überall dort, wo es schön (und kostenlos) ist, menschenmassenmäßig wie an der Kaaba in Mekka zugeht, ist eben so. Und dass du auf anderen Stadtfesten in Nürnberg günstiger verpflegt bist, ist auch keine Überraschung. Macht aber nichts. Falls du eine Städtereise nach Nürnberg planst, dann empfehle ich dir, sie um das „Barden-Wochenende“ herum zu legen. Dein mittelalterliches Gewand kannst du allerdings im Schrank lassen. 🙂
Dein Deutschland Reiseblog Tipp: Die besten und schönsten Sehenswürdigkeiten in Nürnberg – wie die Lochgefängnisse, den Turm der Sinne, den Tiergarten und natürlich die Kaiserburg – zeige ich dir in diesem Blogartikel.
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