Cro im Schwarzwald? Das sind meine ersten Gedanken auf dem Weg zum Maskenmann von Grafenhausen: Simon Stiegeler hört zwar gerne Musik, aber Cro kann ich mir in Simons Spotify-Playlist echt nicht vorstellen.
Der eine auf dem Foto ist ziemlich gut bewandert in Sachen Holzschnitzerei, wohnt im tiefsten Schwarzwald und ist Kunsthandwerker vor dem Herrn, und der andere ist Simon Stiegeler 🙂 Naja gut ok, Holz ist jetzt nicht so mein Business, seins allerdings umso mehr.
Video: 3 Fragen an Maskenmann Simon
In meinem Video-Interview erzählt Simon, der Maskenmann von Grafenhausen, in 3 Minuten über seine Arbeit, vom sogenannten offenen Atelier und welches (Holz-)Projekt ihm besonders am Herzen liegt.
Holz und Holz
Im Gegensatz zu meinem ist Simons Arbeitsplatz ziemlich sicher, denn Holzschnitzerei hat im Schwarzwald eine lange Tradition. Das Ladengeschäft existiert seit den 60ern, er gehört zur zweiten Generation. Auch deshalb sind seine Aussichten wesentlich positiver als meine 🙂
„Meine erste Maske habe ich im Alter von 12 entworfen, obwohl ich sie damals technisch noch nicht umsetzen konnte.“ Meine laienhaft-branchenfremde Frage, welche Maske in welchem Alter einen vom Kind zum Mann macht, lächelt Simon Stiegeler gekonnt weg.
Arbeit und so
Nach einer staatlichen Holzbildhauerlehre im österreichischen Lechtal nimmt Simon den Spagat vom Schnitzer zum Künstler und absolviert ein Studium an der privaten freien Kunsthochschule in Freiburg.
Während des Kunststudiums führt der gelernte Holzbildhauer ein Hybridleben: „Im Studium waren Holzbildhauer verpönt (…) bei den Künstlern bin ich der Bildhauer und umgekehrt. Aber für mich war schon immer klar, ich will Kunst machen – mit meiner eigenen Handschrift.“
Wie Kunst entsteht
Vom Rohling bis zur fertigen Maske gibt es kein (Zeit-)Schema F: „Jede Arbeit, die ich mache, da bin ich immer voll drin“, erzählt Simon leidenschaftlich, „das Image der Holzschnitzerei hat sich gewandelt – allerdings nicht proportional zur Kauflaune.“ 🙂 Dank Fasnacht und Co. sind Holzmasken das Hauptgeschäft im Schwarzwald, dazu kommen bei Simon individuelle Auftragsarbeiten und eigenkreative, moderne Kunstwerke.
Das Thema Holzmasken ist für den Maskenmann von Grafenhausen ein eindeutig regionales Phänomen. „Ich bin hier aufgewachsen und Masken waren einfach schon immer da.“ Horrorfilm 🙂 „Dass das was Besonderes ist, hat mir hier nie jemand gesagt. Der Schwarzwälder an sich sagt dir sowieso nicht, wenn du was toll machst.“ Wir lachen, ich erkenne uns Schwaben wieder.
Seine Maske
Die Frage nach seiner Lieblingsmaske findet Simon übrigens nicht so geil, deshalb lasse ich sie weg. Immerhin zeigt er im Vorbeigehen auf eine Steampunk-Maske: „Da bin ich schon sehr stolz drauf…“
Stolz wie Bolle ist er auch auf seine Frau, die im Atelier fleißig um uns herumwuselt. „Bei uns ist die ganze Familie eingebunden“, schwärmt Simon von seiner Frau und den beiden Töchtern, „das ist ein echtes Privileg. Ich habe meinen Traumjob gefunden.“
Farbig riecht es
Im Nebenraum riecht es nach Farbe, nicht dieser scharfe Geruch von Lack, aber eben wie frische Farbe auf Holz. Macht Sinn, denn hier bemalt Simons Frau mit ner Menge filigraner Fingerfertigkeit die noch „nackten“ Kunstfiguren.
Seine (Holz-)Arbeiten sind genauso vielschichtig wie seine Kundschaft: „Neulich steht ein komplett tätowierter und gepiercter Kunde bei uns im Laden, der eine gruselige Maske in Auftrag gab, und zur gleichen Zeit kommt eine Stammkundin in ihrem Bentley vorgefahren, steigt aus und betritt im Pelzmantel den Laden.“ 🙂
Simon Stiegeler führt in seiner Holzbildhauerei ein offenes Atelier, daher kannst du während den Öffnungszeiten einfach reinkommen und ihm bei der Arbeit über die Schulter schauen. Kann aber ganz schön anstrengend sein: „Manchmal stehen nur zwei Leute da und manchmal dreißig. Dann komme ich kaum zum arbeiten.“
Fazit zum Maskenmann von Grafenhausen
Der Maskenmann von Grafenhausen ist ein echter Exot in seinem Schwarzwälder Umfeld, aber es hat den Anschein, dass er die Brücke zwischen Tradition und Moderne (was ne ätzende Floskel!) mühelos schafft. Falls du Simon Stiegeler bei deinem Urlaub in Grafenhausen besuchen möchtest, dann checke die Homepage, wann der Laden geöffnet hat und sag nen Gruß von mir. Und lass Cro bitte aus dem Spiel. 🙂 Und hier kannst du dann auch gleich hin.
Dein Deutschland Reiseblog Tipp: Kombiniere deinen Besuch im Atelier von Simon Stiegeler mit einem feucht-fröhlichen Abstecher in die Brauerei Rothaus (liegt nur 5 Fahrminuten von der Holzbildhauerei entfernt, hier geht es bald zu meinem bier-ernsten Artikel).
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