Wie konnte es bloß so weit kommen? Womit habe ich das verdient? Ich muss für eine Nacht hinter Gitter, genauer gesagt ins Alcatraz Hotel in Kaiserslautern. Da fällt mir ein: Gibt es bei Ikea eigentlich schwedische Gardinen?
Wenige Stunden zuvor: Draußen wird es dunkel, die Nacht bricht herein, ein Uhu gibt seine typischen Laute von sich. Ich betrete den Innenhof des Alcatraz. Der Name sagt es bereits, ich bin im Gefängnis. Genauer gesagt in Deutschlands erstem Gefängnishotel. Seit 2008 gibt es das Alcatraz als Hotel. Inzwischen gibt es mehrere in Deutschland, zum Beispiel in Amberg und Petershagen. Ob ich hier wirklich „einchecken“ will?
- „Bin nicht gefangen.“
- Hinter Gittern
- „Zimmer“ im Gefängnishotel
- Ein beklemmendes Gefühl
- Ab in den Gefängnisbus
- Fazit zum Knasthotel und Tipps
Nachtwärter Martin ist bereit für meine Aufnahme. Er arbeitet an der Rezeption im Alcatraz Hotel. Ich vermisse einen großen, runden, schweren Schlüsselbund in seiner Hand. „Ich habe nicht den Drang, Leute einzusperren“, witzelt Martin, „obwohl manche Gäste schon danach fragen, ob ich sie einbuchten kann.“ Anfangs muss Martin sich an die gitternen Umstände gewöhnen, aber das legt sich schnell.
„Habe nicht das Gefühl, gefangen zu sein.“
„Ich habe keine Probleme damit, dass hier mal Sträflinge drin waren. Klar hat man es im Hinterkopf, aber ich habe nicht das Gefühl, hier gefangen zu sein.“ Ich allerdings schon, denn die Gitter sorgen auf jeden Fall für einen Wow-Effekt mit Beklemmung. Gut ok, soll ja auch so sein, gehört zum Abenteuer Alcatraz dazu. Möge das Knacki-Leben für eine Nacht beginnen.
Die Rezeption gibt es übrigens schon zu Gefängniszeiten. Damals ist es eine Art Aufsichtsraum, von dem aus die Wärter ihre „Schützlinge“ bei der Arbeit beobachten. Das Gefängnis ist einst eine Art Arbeitsknast, also keine Schwerverbrecher oder so. Heute gibt es fürs richtige Knastfeeling die richtige Klamotte zu leihen. Für 5 Euro bekommst du einen schicken Polyester-„Schlafanzug“, schwarz-weiß gestreift natürlich. Die dazu passende Fußkette mit Eisenkugel gibt es für nen 10er im Knastladen. 🙂 „Sträflingskleidung wird eher selten angefragt“, meint Martin. „Wenn, dann sowieso eher von Privaturlaubern. Ich denke nicht, dass das was für unsere geschäftlichen Übernachtungsgäste ist.“ Ich stimme ihm nickend zu. Für mich ist es aber genau das Richtige.
Die Nacht im Zellenzimmer ist gruselig. Ich höre fast nichts von draußen, es gibt logischerweise kein WLAN- oder Handyempfang, der TV ist defekt. Mein Gefühl ist also genau so, wie es sein soll. Logo. Warum geht man denn sonst in ein Knasthotel?
Meine erste Nacht hinter Gittern
Irgendetwas klackert. Ich glaube, es sind die Heizungsrohre. Oder vielleicht eine Ratte unterm Bett? Uhhhh! Meine Gedanken werden wirrer. Die Matratze trägt nicht unbedingt zum Schlafkomfort bei. Ich will heim. Mimimi. Gut, dass schon morgen meine Entlassung ansteht. Nach einer schlaflosen Stunde wird es besser. Ich gewöhne mich an meine Zelle. Jetzt will ich gar nicht mehr heim. Schon praktisch so ein Zellenzimmer: schön kompakt und sogar mit Toilette direkt neben dem Bett. Das spart Meter. Wie praktisch auf einmal alles erscheint. Nun hätte ich am liebsten so eine Zelle für zuhause. Möchte nie wieder weg. Ach Mist, morgen steht ja schon meine Entlassung an. Neeeiiiin! 🙂
Zimmer im Alcatraz Hotel
Die drei Etagen des Hotels sehen komplett gleich aus. Insgesamt gibt es 36 Zellenzimmer (vom Interieur her so wie meins), davon 11 Doppelzellen mit steifem Stockbetten und schickem Spind. Falls du es im Knast etwas bequemer magst, entscheidest du dich für eines der 18 Komfortzimmer oder für eine von zwei Suiten. Aber hey, wer will es hinter dicken Betonmauern bequem haben?
Ich werfe einen Blick in die Komfortzimmer (Foto mit roter Decke): Sie haben denselben Zellenlook, besitzen aber eine eigene Dusche mit WC und sind größer. Sind quasi zwei Zellen zu einer umgebaut. Hier erlebst du zwar auch ein gewisses Locked-in-Feeling, aber doch nicht so richtig. Dennoch sind sie die beliebteste Variante: „Die meisten unserer Gäste übernachten in Komfortzimmern, vor allem die Businessgäste unter der Woche.“ so Martin. Für alle übrigens gleich: Die morgendliche Aussicht auf wunderbar-geformte Gitterstäbe inklusive Gefängnisbus.
Wie ich mich im Knast fühle
Sagen wir so, die Beklemmung hat sich nicht gelöst. Ein Leben hinter Gittern ist sicherlich kein Spaß. Auch beim Duschen „verfolgen“ einen die Gitterstäbe. Man ist halt nicht nur HALB im Knast, ne. Und wer die Seife in die Dusche gelegt und dort „vergessen“ hat, weiß ich nicht, aber DARAUF falle ich ganz bestimmt nicht rein. 🙂
Nachdem ich die Seife ganz brav weder angefasst noch fallengelassen geschweige denn aufgehoben habe, geht es ab zum Frühstück. Die Auswahl ist groß, der Saal ist riesig. Das Schwarz-Weiß-Muster nimmt kein Ende. Es ist auf Schüsseln, auf Servietten und sogar auf den Shirts der anderen Gäste zu finden.
Das etwas andere Hotelshuttle
Auf dem Hof treffe ich den Gefängnisbus wieder, den ich von der Zelle aus sehen kann. Überraschung: Er ist offen! Ist ja wohl klar, dass ich mir das nicht entgehen lasse. Wenn ich den Gerüchten meines Zellennachbars glauben darf, ist der Gefängnisbus sogar fahrtüchtig. Einst sollen Hotelgäste damit vom Bahnhof abgeholt worden sein, um das Erlebnis Alcatraz gleich bei der Ankunft in Kaiserslautern starten zu lassen. Vielleicht nur ein Knastgerücht.
Trotz Stacheldraht und hohen Mauern hat bisher niemand versucht, aus dem Gefängnishotel auszubrechen. Oder wahrscheinlich genau deshalb. Nachtwärter Martin hat noch keinen Flüchtenden registriert: „Bisher hat sich noch kein Gast mit dem Bettlaken aus dem Fenster abgeseilt.“ Wir lachen. „Aber im Altbau sperren sich Leute öfters mal aus Versehen selbst ein. Da sollte man die Türe nämlich nicht schließen, aber manche spielen daran rum und plötzlich ist die Tür zu. Dann hängen sie fest und sind eingesperrt.“
Sehr günstiges Hotel in Kaiserslautern, das Alcatraz: die Zellenzimmer sind schon ab 49 Euro zu haben, inklusive Frühstück. Dafür musst du dich mit Sammelduschen begnügen. Komfortzimmer gibt es ab 69 Euro, Suiten ab 119 Euro. Dafür hast du deine sanitären Anlagen dann bei dir. Örtchen und Ort sind gut gelegen. Das Alcatraz Gefängnishotel befindet sich direkt am Japanischen Garten. Das heißt? Bis zum Hauptbahnhof sind es etwa 20 Minuten zu Fuß, bis in die Innenstadt mit Pfalztheater, Fruchthalle und Schillerplatz nur etwa 5 Minuten.
Fazit Gefängnis Hotel Alcatraz
Meine Nacht im Gefängnishotel ist nicht unbedingt erholsam, aber eine Nacht mit hohem Erlebnisfaktor. Das Feeling, theoretisch eingesperrt zu sein, kommt auf alle Fälle perfekt rüber. Gitter sei Dank. Falls du grundsätzlich eher so der Schwarz-Weiß-Denker bist, dann ist das Alcatraz Hotel genau dein Ding. Für eine klassische Städtereise würde ich eher ein „normales“ Hotel empfehlen. Oder aufteilen, also eine Nacht normal und eine im Knast. Du solltest dir das Hotel bzw. die Zellen auf jeden Fall anschauen, sobald du in Kaiserslautern bist. Und frag beim nächsten Ikea-Besuch mal nach schwedischen Gardinen. 🙂
Mein Tipp: Noch mehr Unterwelt-Feeling gibt es bei der Führung durch die unterirdischen Gänge, echte Skelette inklusive. Falls du nach deinem herben Aufenthalt im Knasthotel Lust auf was Süßes hast, dann ab in Thomas’ Krämerladen. Dort gibt es eine Menge Kram und selbstgemachte Bonbons. Und was passt dazu besser als frischer Kaffee? Eben, nichts. Und weil Knastkaffee nicht unbedingt berühmt ist für seinen dollen Geschmack, ziehst du gleich weiter in die Kaffeerösterei Kaiserslautern. Christian und seine Frau Stephanie rösten dort den Kaffee selbst.
Dein Deutschland-Reiseblog #1 ist bei diesem Reiseziel unterstützt durch das Gefängnishotel Alcatraz in Kaiserslautern, aber keine Sorge: Es ist meine persönliche Meinung!
ich denke dass, dieses Hotel steht eine gute Einrichtung zu Verfügung: Die Gitter außerhalb des Zimmers, die Betten und die die gestreiften Piyamas geben eine hinterhältiges und Klaustrophobische Gefühle ab.
ich denke dass die Tourismus Industrie vielfältige Erfahrungen hergestellt darf, damit sie krankhafte Interesse in Leute wecken könnten. Neugierig von der unheimlich, z.b. einbuchten zu bleiben, ist natürlich der Rohstoff indem dieser Industrie profitieren kann.
Ja, da hast du Recht. Es ist auf jeden Fall eine sehr interessante und einzigartige Erfahrung dort. 🙂 VG Jan
Das ist ja echt eine witzige Idee! Wenn es mich mal nach Kaiserslautern verschlägt, schaue ich da sicher mal vorbei. Danke für deinen interessanten Bericht. 🙂
Hihi … das muss ein komisches Gefühl sein hinter Gitter zu schlafen…
Mega komisches Gefühl, das kannste glauben 🙂