Von der großen, weiten (Gewürz-)Welt an den Bodensee: Seit 2013 hat die Gewürzschatulle ihren festen Platz in der Konstanzer City. Wo der Pfeffer wächst, weiß Chefin Brigitte ganz genau.
„In diese kleine Gasse rein und dann gleich auf der rechten Seite.“ Gar nicht so einfach zu finden. Nachdem ich durch die enge Sigismundstraße gehe und offensichtlich mehrfach an der Gewürzschatulle vorbeilatsche, lande ich wieder auf der Markstätte. Sie ist die Konstanzer Einkaufsmeile. Dort frage ich Leute, wo ich hin muss: „In diese kleine Gasse rein und dann gleich auf der rechten Seite.“ WTF? Nächster Versuch…
Gefunden! Ganz so einfach ist es nicht, den Gewürzladen zu finden. Und dass, obwohl außen unübersehbar „gewürze“ drauf steht. Inhaberin Brigitte wartet bereits auf unseren Interviewtermin. Sie hat Kundschaft. Zwei Männer suchen „einerseits was Scharfes, andererseits aber doch nicht so scharf.“
Brigitte ist gelernte Landwirtin. Sogar mit Doktortitel. Als sie einst auf den Feldern dieser Welt steht, kommt ihr die Idee zu einem Gewürzladen in der Konstanzer Heimat. „Gewürze waren mir schon immer nah. Und ich habe dazu noch eine ganz andere Herangehensweise, weil ich weiß, wo sie wirklich herkommen und wie sie wachsen.“ Teilweise sucht sie sich ihre Händler selbst aus, vor allem wenn es um das Thema ‚fairen Handel‘ geht. „In einem Fair-Trade-Produkt müssen nur 18% Fair Trade drin stecken. Das finde ich ziemlich skandalös. Da schaue ich dann lieber selbst vor Ort, ob meine Händler das einhalten. Ich will zu meinem Produkt stehen können. Wenn Bio oder Fair Trade drauf steht, sollte auch Bio oder Fair Trade drin sein.“
Rund 30 verschiedene Pfeffersorten hat Brigitte im Angebot. Die Gewürzschatulle wäre allerdings wohl nur die Pfefferschatulle, wenn es nicht auch andere Gewürze gäbe. „Kurkuma ist momentan der Renner, weil es in vielen asiatischen Gerichten drin ist. Außerdem gibt es aktuell einen ziemlichen Hype in der Gesundheitsbranche“, meint Brigitte. „Kurkuma soll gegen Rheuma und Arthrose helfen, und sogar gegen Krebs. Manche Leute essen das löffelweise.“
Falls dir die klassischen 1-Euro-Gewürze nicht ausreichen oder du mal was Besonderes ausprobieren möchtest, dann bist du in der Gewürzschatulle genau richtig. Eine Besonderheit ist der Tasmanische Pfeffer. „Der schmeckt ganz surreal, hat eine ganz eigene Schärfe und ein Beerenaroma.“ Mit rund 10 Euro pro 25 Gramm ist Tasmanischer Pfeffer nichts für discount-bewusste Preiskäufer. Geht aber auch noch teurer. „Mein teuerstes Produkt ist der Aceto, ein 30 Jahre lang gereifter Essig. Da kostet die Flasche 75 Euro. Aber es lohnt sich, den findest du nämlich nirgends sonst in Konstanz.“
Generell sehe ich recht viele Männer im Laden. Zwischenrein „schleicht“ sich eine Frau. „Vor allem Männer unter 30 faszinieren mich in Sachen Gewürze. Das ist eine ganz große Klientel von uns“, so Brigitte. „Männer sind viel experimentierfreudiger, suchen besondere Zutaten und haben spezielle Fragen. Für sie ist Kochen ein schönes Hobby.“ Nach diesem wohltuenden Loblied auf uns Männer kann Brigitte sich einen kleinen Seitenhieb an die Frauenwelt nicht verkneifen. „Frauen mittleren Alters machen eher mediterrane oder deutsche Küche, Männer sind da wesentlich mutiger.“
Eine persönliche Lieblingsgewürzmischung hat Brigitte übrigens nicht. „Das ist tagesabhängig. Oft überlege ich mir erst während des Einkaufs, was ich koche. Aktuell trainiere ich mich bei Chilis hoch. Am liebsten mag ich die Kombination aus süß und scharf.“ Saisonale Unterschiede sind in der Gewürzschatulle kaum auszumachen, wie ich erfahre. Witzig finde ich die Anekdote, wie sehr wir uns vom Fernsehen beeinflussen lassen. „Nach bestimmten Kochsendungen kommen manchmal viele Leute auf einmal. Die wollen dann was Besonderes wie Sandelholz oder Zimtblüten, die aussehen wie kleine Nelken. Das ist dann plötzlich alles weg, weil die Leute das in irgendeiner Kochsendung gesehen haben.“
In einem Separee direkt neben dem Verkaufsraum, in der von mir spontan getauften „Hexenküche“, wird eifrig abgewogen, gestößelt und etikettiert. „Wir mahlen den Pfeffer häufig selber, weil der sonst zu schnell an Aroma verliert. Die Leute merken, dass es so besser schmeckt.“ Auch Sonderwünsche werden in der Gewürzschatulle erfüllt. Dann heißt es: immer der Nase nach. „Manche kommen mit Gewürzmischungen und fragen, ob wir das nachbauen können. Wenn die keine Zutatenliste mit dabei haben, dann versuchen wir zu erschnuppern, was drin ist. Das funktioniert ganz gut.“
Die Packungsgrößen richten sich an das Single-Publikum, deshalb gehen kleinere Gebinde mit 10 oder 20 Gramm wesentlich häufiger über den Ladentisch als Großpackungen mit 200 Gramm. Gängige Kräuter und Senf sind bereits ab 1 Euro zu haben. Für Stadt- und Stadtteilpatrioten gibt es individuelle Konstanzer Mischungen.
Die sind nach den Stadtteilen benannt z. B. Petershausen und Allmansdorf. Der sogenannte „Gruß aus Konstanz“ ist Salz mit schwarzem und rotem Pfeffer, das „Konstanzer Konfetti“ besteht aus Zucker mit Zuckerperlen. „Die Mischungen werden oft nachgefragt. Vor allem von Konschdanzern, die bereits weggezogen sind und ein Gefühl von Heimat suchen.“
Fazit Gewürzschatulle Konstanz
Die Gewürzschatulle ist, wie du dir vom Namen her schon denken kannst, ein kleiner, aber feiner Laden für Gewürze aus aller Welt. Chefin Brigitte verkauft ihre Kräuter nicht einfach nur, sondern sie weiß, wo sie herkommen. Pluspunkt im Gegensatz zum üblichen Billigkrautdiscounter. Falls du nicht so den Plan hast, welche Gewürze du am besten mit welchen kombinierst, ist Brigitte genau die richtige Ansprechpartnerin. Schönes Einzelhandelsgeschäft, von denen es gerne mehr geben dürfte. Also ab mit dir dorthin, wo der Pfeffer wächst … öhm … verkauft wird 🙂
Mein Tipp: Wenn du schon Urlaub am Bodensee machst oder eine Städtereise nach Konstanz, dann gehört eine gute, alte Schiffsfahrt unbedingt mit auf deinen To-do-Zettel. Schön Weinchen an Bord süffeln und dem Kapitän bei der Arbeit zuschauen. Ach nee halt, auf dem Bodensee gibt es ja gar keine Kapitäne, sondern nur Schiffsführer. Warum das so ist, erfahre ich im Interview mit Rocco. Er ist nämlich „nur“ Schiffsführer.
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