Die Stuttgarter Kanalführung hat was von Ghostbusters II: weißer Einmal-Anzug mit Helm und Gurt, schlagkräftige Truppe und Fluss aus undefinierbarer Brühe. Was fehlt: rosafarbener Schleim, Vigo der Karpate und Proton Packs.
Es gibt Dinge, die willst und sollst du nicht sehen. Deshalb sind sie im Untergrund. 🙂 So auch der Stuttgarter Nesenbach, der niemals ein Bach im eigentlichen Sinne ist, sondern nur ein schwäbischer Abwasserkanal. Um ihn ganz genau unter die Lupe zu nehmen, steige ich VfB-like ab. (Sorry für den!)
Helm auf, Spot an!
Auch für die Große Kanalführung bekommst du sowohl klassische Hilfsmittel wie Lampe, Helm und Gurt als auch „Abdichtmaterial“ wie Wollsocken, Gummistiefel und Einweghandschuhe. Die Gefahr, sich irgendwas einzufangen, das besser im Abwasserkanal bleibt, ist hoch. In dem Kostüm fühle ich mich wie der Marshmallow-Mann. 🙂
Venkman und Co. stapfen Richtung Einstieg. Wo Besucher sich früher abseilen „durften“ (deshalb der Gurt!), geht es heute nur noch über eine Treppe in den Untergrund. „Die sieben Meter hinab waren nicht jedermanns Sache“, erklärt der Kanalführer. Kaum unten, schauen alle in die Röhre: Tunnelblick.
Alles nur Kopfsache, wenn man ihn rechtzeitig einzieht. Überraschend ist für mich die Tatsache, dass es hier unten wärmer ist als erwartet. Ich rechne mit einer Temperatur von 4-5 Grad und habe deshalb meine Winterjacke dabei. Tatsächlich bleibt die Jacke übertage, denn unten hat es kuschelige 15 Grad.
Krakenheuz und Michelsond
Wenn du Sehenswürdigkeiten besuchst, die schon recht alt sind, dann sind dort meist auch ziemlich alte Symbole. An den Wänden der Stuttgarter Unterwelt befinden sich ab und an Zeichen aus den 30er-/40er-Jahren. Auch neuzeitliche Hygieneartikel schwimmen eifrig an uns vorbei. Who you gonna call?
Wir machen Tempo, weil die einstündige Führung bald zu Ende ist. Danach rücken die nächsten Ghostbusters an: die „Abwasserführungen“ finden stündlich statt. Termine sind etwa einmal pro Monat. Maximal zehn Personen pro Termin dürfen mit in den Untergrund, Kinder leider nicht.
Kostet nichts!
Falls du dich von meinen Eindrücken nicht abhalten lässt und nun trotzdem Lust auf eine Stuttgarter Kanalführung hast: Sie ist zwar anmeldepflichtig, aber kostenlos. Uns Schwaben freut’s! 🙂
Start der Führungen durch Stuttgarts Abgewässer ist das Headquarter der Stadtentwässerung Stuttgart (SES). Streng genommen geht es nicht am, sondern IM Neckartor los. Einfach die Treppe an der U-Bahnhaltestelle Neckartor runter, rechts halten und rein ins SES-Infozentrum.
Fazit Stuttgarter Kanalführung
Du wirst jetzt sicherlich die Nase rümpfen, aber den Blick unter Stuttgarts Gullydeckel finde ich derbe interessant. Auch wenn es wenig zu sehen gibt, siehst du doch irgendwie alles, was „da oben“ so abgeht. Leider findet die Stuttgarter Kanalführung nur tagsüber und nur unter der Woche statt, so dass du für die Teilnahme einen freien (Halb-)Tag opfern müsstest. Dafür bekommst deinen persönlichen Flashback ins Jahr 1989: If there’s something strange… 🙂
Mein Tipp: Von ganz unten nach ganz oben gelangst du schnell am Stuttgarter Fernsehturm, dem Wahrzeichen der Schwabenstadt. Aufzugführer Ayhan hat vermutlich den höchsten Arbeitsplatz in Stuggi. Hoch hinaus zu Fuß und schnell ins Schwitzen kommst du bei einer Stäffelestour bspw. mit Silke von Kulturführungen. Eine Tour der besonders schaurigen Art führt nachts durch Stuttgarts Gassen, gruselige Geistergeschichten inklusive.
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