Das Wort Trinkhalle kennt man in Süddeutschland eher weniger, hier gibt es noch die klassische Kneipe. In Bochum treffe ich Beerkeeper Thomas, der sich bestens mit Bier im Pott auskennt.
„Wir haben keine Lust auf Konzernbiere“, bringt Thomas die Philosophie der Trinkhalle Bochum auf den Punkt. „Wir haben nur Biere im Sortiment, die aus der Region bzw. aus Familienbrauereien stammen.“ Mit diesem Konzept kommt die Trinkhalle trotzdem auf über 100 Sorten, die durchgehend im Bierkühlschrank zu finden sind.
Kein Craft Beer
Eines macht die Bochumer Trinkhalle alleine schon mit ihrem Namen klar: „Wir sind keine Craft Beer Bar, wie du sie in Berlin findest, und ganz sicher sind wir kein Hipsterprojekt.“ Ich spüre, wie wichtig ihm der Bezug zum Ruhrgebiet ist. „Bei uns auf dem Tresen stehen Soleier, Essiggurken und Frikadellen – genau das, was Onkel Jupp schon vor 80 Jahren in seiner Eckkneipe stehen hatte.“
Fiege Bier
Im Gegensatz zu süddeutschen Weizenbierfreunden mag es ein Bochumer eher Pilsiger. Ein für Bochum typisches Bier ist Fiege, nicht zuletzt weil die Brauerei ganz rein zufällig mitten in der Stadt liegt. Fiege Pils ein ziemlich herbes Bier, damit landet es leider nicht in meinen persönlichen Top 10.
Apropos herb, das klassische, deutsche Industriebier ist heutzutage lange nicht mehr so bitter wie vor 10 oder 20 Jahren – auch um Frauen und Jüngere als Zielgruppe zu erreichen. Pluspunkt für die Trinkhalle: „Wir haben den Vorteil, dass wir jedem was anbieten können, zum Beispiel malzsüßes Klosterbier aus Belgien oder Pale Ale mit einer hohen Fruchtigkeit.“
Gibt nichts, das es nicht gibt
Ich entscheide mich mann-untypisch für ein fruchtiges Pale Ale. Läuft. Mit meiner Wahl treffe ich den aktuellen Zeitgeist: „Junge Leute sind experimentierfreudiger“, so Thomas, „die Älteren bleiben eher beim traditionellen Bier und trinken das, was sie schon seit 30 Jahren kennen.“ Zwischen Männern und Frauen gibt es übrigens keinen richtigen Unterschied, auch wenn Frauen in der Trinkhalle häufiger zu süßen Bieren mit Schokolade oder Honig tendieren.
Thomas’ Lieblingsbier, wenn man es überhaupt als Lieblingsbier bezeichnen kann, ist Grand Cul von Rodenbach. Aus seiner Position heraus allerdings gar nicht so einfach, denn bei mehr als 100 Sorten brauchst du ne hohe Trinkfestigkeit. „Wir versuchen so weit es geht, jedes Bier zu probieren, um herauszufinden, wie und ob es was ist. Wer sein Produkt verkaufen will, sollte es kennen.“
Die Trinkhalle in Bochum liegt am sogenannten Kortländer, dem Szeneviertel Bochums – also Szene für Bochumer Verhältnisse. Das zieht vorwiegend junges Gemüse an, die Älteren kommen eher für 2, 3 Bierchen nach Feierabend. Falls du vorbeischauen willst, hast du jeden Tag ab 17 Uhr die Gelegenheit dazu (am WE ab 15 Uhr), allerdings ist das Biervergnügen dank Anwohnernähe um 22 Uhr zu Ende.
Bewertung Bochumer Trinkhalle
Bock auf eine Bierkneipe im Ruhrpott-Style? Dann bist in der Trinkhalle Bochum genau richtig. Mir gefällt der Bezug zur Region und zu individuellen Bieren und Brauereien. Um das Kneipenfeeling abzurunden, gibt es im Nebenraum nen Tischkicker. Ohne den würde mir persönlich was fehlen. Die Preisspanne reicht vom klassischen Pils (Fiege, 0,33 Liter, 2,50 Euro) bis zum speziellen, stark eingebrauten Bier (aus Belgien, 0,75 Liter, 19 Euro). Thomas sorgt für das passende Wir-, äh, Bier-Gefühl. Du wirst also auf jeden Fall sitt und bleibst glücklich. 🙂
Mein Tipp: Falls du eine süße Abwechslung zu Bier und Essiggurke brauchst, dann wechsel mehr oder weniger nur die Straßenseite und hol dir ne Kugel selfmade Eis bei Kugelpudel (die zwei Minuten zu Fuß schaffst du), schau am nächsten Tag im Bergbaumuseum vorbei (Klassiker in Bochum) und/oder mach zwei Tage draus und übernachte im Mercure Hotel Bochum (das einzige 4-Sterne-Hotel der Stadt).
Gruß aus Duisburg
auzze Rheinpreußen-Kolonie – linker Niederrhein – also mehr links als sonz
hier wird auch ruhpott-mäßig gesungen, sach ich ma so
– z.B. „Dat muss doch auch wat Späßken bringen – willze dich nur grämen….
datte aussem Ruhrpott bizz – brauchze dich nich für schämen….“
also
bizzi tage
Frank Baier, den Barde
(URL entfernt / Jan)
Hi Frank. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass war der beste Kommentar 2018. 🙂 LG, Jan